Buchempfehlung: Dement, aber nicht bescheuert
Von Sabine Greulich / 22. Januar 2019
Sabine Greulich berichtet über Michael Schmieders Buch „Dement, aber nicht bescheuert“. Der Autor ist ein Mann der Praxis. Er lebt das, was er schreibt. Er nimmt die Demenzkranken und ihre Bedürfnisse ernst und behandelt jeden Kranken als Individuum wahr.

Worum geht es in dem Buch?
Demenzkranke wollen als Menschen wahrgenommen werden. Aber wir „Gesunden“ können nicht ertragen, einen geliebten Angehörigen ins Vergessen gleiten zu sehen – wir therapieren, beschäftigen und medikamentieren, damit wir uns nicht hilflos fühlen. Doch hilft das den Dementen? Nein, im Gegenteil. Die Kranken möchten in ihrem So-Sein angenommen werden.

Michael Schmieder: Dement, aber nicht bescheuert - für einen neuen Umgang mit Demenzkranken
Auszug
Wer mit demenzkranken Menschen und für sie lebt, erfährt sehr intensiv, dass sie alles andere als wandelnde Hüllen sind. Nichts an ihnen ist aufgesetzt, nichts unter Höflichkeit und Konventionen verborgen. Sie sind sensibel, liebevoll, charmant, offen, ehrlich, direkt, ungeschminkt. Menschen, die uns fordern, mit allen Schattierungen, die ein Menschenleben bietet.
Die Verwirrtheit gibt ihnen die Chance, sich selbst ohne Hemmschwelle zu erleben. Sie haben jetzt die Möglichkeit, das lebenslang Ungesagte zu sagen, das Ungelebte zu leben. Erst die Verwirrtheit schafft Zugang zu sich selbst. Sie birgt ein großes Potential an Freiheit. Es ist alles erlaubt, Zwänge bestehen nur für die anderen.
Demente Menschen brauchen sich keinen Normen zu unterwerfen, brauchen nicht zu arbeiten, stehen auf und essen, wann sie wollen, Geld interessiert sie nicht, sie haben keine familiären Sorgen, auch, weil sie vielleicht ihre Kinder nicht mehr kennen.
Auch wenn die Übergänge von einer Phase zur nächsten sehr schmerzlich sein können, von einem bestimmten Punkt an ist Verwirrtheit meist nur noch ein Problem für die Mitwelt, nicht für den Betroffenen selbst. (Seite 56 f.)
Informationen zum Buch
Michael Schmieder und Uschi Entenmann | Ullstein Verlag | 224 Seiten | ISBN 978-3-843711-86-9 | Erschienen 2015
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